IFS Grundlagen: Was ist ein Teil?
Im Internal Family Systems (IFS) Ansatz verstehen wir den Geist als von Natur aus plural – und das ist eine gute Sache. Diese Pluralität wird in unserem Alltag am deutlichsten, wenn Teile in Konflikt geraten:
Ein Teil von dir weiß, dass du Englisch lernen solltest, aber ein anderer Teil möchte lieber Netflix schauen.
Ein Teil von dir ist wütend über das Unverschämte, das dein:e Partner*in gerade zu dir gesagt hat, aber ein anderer Teil liebt sie oder ihn immer noch und möchte die Dinge klären.
Ein Teil von dir ist glücklich, nach Berlin gezogen zu sein, aber ein anderer Teil wünscht sich, nicht so oft die Berliner Schnauze abbekommen zu müssen.
Ein Teil von dir möchte deinem Chef sagen, was du wirklich von seinem Vorschlag hältst, aber ein anderer Teil will, dass du deinen Job behältst.
Kommt dir das bekannt vor? Selbst wenn Teile nicht im Konflikt stehen, sind sie oft leicht zu erkennen. Hast du dich jemals dabei ertappt, dich in der Nähe deiner Eltern kindischer zu verhalten? Oder beobachtet, wie jemand sich unter Stress scheinbar in eine andere Person verwandelt? Oder hattest du schon mal eine innere Stimme, die fast alles kritisiert, was du tust?
Im IFS gehen wir davon aus, dass dieses Gefühl, mehrere Perspektiven in uns zu haben, die natürliche Funktionsweise unseres Geistes widerspiegelt. Es ist, als hättest du eine innere Familie oder ein Team, bei dem jedes Mitglied unterschiedliche Persönlichkeiten, Altersstufen, Stimmungen und sogar Glaubenssätze hat. Diese Teile drücken sich durch Gedanken, Gefühle und körperliche Empfindungen aus und können sogar physische Symptome beeinflussen. Sie können (und tun es meist) das Steuer in unserem Bewusstsein übernehmen, bestimmen, was wir sagen und tun, sodass wir oft nicht bemerken, dass sie vom Kern unseres Wesens – dem Selbst – getrennt sind. Mit anderen Worten: Wenn du etwas anderes als Selbstenergie spürst, ist es ein Teil.
Die Rollen der Teile
Es wird angenommen, dass wir mit Teilen geboren werden und dass diese produktive und nützliche Rollen hatten, wie zum Beispiel ein Teil, der mögliche zukünftige Szenarien vorstellt und uns motiviert, sie zu vermeiden. Mit dem Heranwachsen und den damit verbundenen Belohnungen und Bestrafungen passen die Teile ihre Rollen entsprechend an. Gravierendere Veränderungen treten auf, wenn etwas Traumatisches geschieht und Teile extremere Rollen übernehmen.
Teile können entweder unser Selbst zu dem Zeitpunkt repräsentieren, an dem ein verletzendes oder traumatisches Ereignis stattfand, oder sie übernehmen eine Aufgabe, um diese verletzten Teile zu schützen. Die Trauma-Expertin Janina Fisher erklärt, dass sich das Selbst in einen Teil aufspaltet, der das Trauma erlebt hat, und einen Teil, der "nicht" dieses Trauma ist und mit dem normalen Leben weitermacht. Im IFS nennen wir diese verletzten Teile Exils, da ihre Gefühle vom Bewusstsein durch die Beschützer verdrängt werden. Die Beschützer versuchen entweder zu verhindern, dass die verdrängten Gefühle aktiviert werden, oder sie bemühen sich, sie wieder verschwinden zu lassen, wenn sie auftauchen. Diese werden manchmal als "Manager" und "Feuerbekämpfer" bezeichnet, wobei dieser Unterschied in der Praxis nicht so wichtig ist.
Die von den Teilen angewandten Strategien sind außerordentlich vielfältig, und weil wir auf ähnliche Weise verletzt wurden, haben Menschen oft Teile mit ähnlichen Rollen. Erkennst du dich in einem dieser Beschützer wieder?
Haüfige Teile
Das ist bei weitem keine abschließende Liste, aber vielleicht möchtest du dir andere Listen hier und hier ansehen. Diese Beschützer arbeiten sehr hart, um die Exils, die sie beschützen, davor zu bewahren, den Schmerz, die Scham, die Vernachlässigung, den Missbrauch oder die Zurückweisung aus der Vergangenheit erneut zu erleben. Für die Exils kann es so wirken, als wäre die Zeit stehengeblieben, und sie wiederholen dieselben Erfahrungen immer wieder.
In der IFS-Therapie lernst du deine Teile kennen und arbeitest darauf hin, die Beschützer dazu zu bringen, ihre Rollen zu entspannen – meistens wollen sie den Job gar nicht machen oder zumindest nicht so hart arbeiten! Wenn du mehr erfahren möchtest, kannst du an einem meiner IFS-Workshops teilnehmen oder eine kostenlose erste Sitzung buchen.